3.

Typische klimatische Zeitfenster

Eine Behausung schlägt wärmetechnische Brücken in angenehmere Zeiten. Sie vermag die harten klimatischen Schläge mittels ihrer Fassade zeitlich einzustecken.

Lassen sich diese bildlich beschriebenen Phänomene typologisch abgrenzen? Und wie und wo korrelieren diese Charakteristischen Quellen, Strukturen und Räume in unserer global differenzierten Welt. Wo auf dem Globus finden sich also diese typischen Wärmespektren und wie binden die unterschiedlichsten Kulturen diese klimatischen Bilder schliesslich in ihre materiellen Baustile ein.

Welche typische Grössenordnungen können Baustrukturen zugeordnet werden, welche Zeitdimensionen sprechen wir an, wenn wir zum Beispiel von einer einfachen Ziegelmauer sprechen? Wie steht es mit dem Zeitverhalten einer meterdicken Schlossmauer?

Im folgenden betrachten wir mal die typischen drei, uns wohl bekannten Zeitfenster, die uns ihre dominanten Temperaturschwankungen aufzwingen.

a)

Tag-Nacht Zyklus

Die Tag-Nacht-Schwankung ist nicht nur optisch als Sonnenlicht sondern auch durch die ausgeprägte Temperaturamplitude für den Menschen leicht fassbar. Als zeitlich kürzester und regelmässigster Zyklus ist er vom Menschen direkt durchlebbar.

Die Periode zwischen Aufgang und Untergang der Sonne ist im menschlichen Lebenszyklus als bewusste Zeiteinheit tief verankert. Die Gesellschaft lebt dieses elementare Zeitintervall sehr synchron. Die Aufheiz- und Abkühlphase assoziieren sich dabei in einem unmittelbaren optischen Kontext, dem periodischen Wechsel von Licht und Dunkel. Wesentliche Sinneswahrnehmungen dieses Zeitintervalls verlaufen parallel zum Sonnenzyklus :

  • Licht
  • Lufttemperatur
  • Wärmestrahlung
  • Schlafzyklus Mensch

Die Sonnenstrahlung induziert hierbei den Aufwärmeprozess von Erd- Wasser- und Luftmassen und ist die Basis für die längerfristigen Wärmezyklen. 

  • Energiequelle

    Der eigentliche Motor dieses Wärmezyklus ist die direkte und diffuse Sonnenstrahlung. Sie steht im Kontrast zur nächtlichen Abstrahlung gegen den klaren Nachthimmel.

  • Himmelsmechanik

    Die astronomische Ursache dieser Komponente ist die tägliche Drehung der Erde und der damit einhergehende Exposition gegenüber der Sonnenstrahlung.

  • Zeitperiode

    Die Periode beträgt 24 Stunden. Am ausgeglichensten ist der Tag-Nacht-Wechsel am Äquatorgürtel. An den Polen kann sich der Tag bis zur "Mitternachtssonne" verlängern und schliesslich im folgenden Halbjahr der "ewigen Nacht" Platz zu machen.

  •  Amplitude

    Die Strahlungsamplitude fluktuiert gemäss dem täglichen Sonnenstand über dem Horizont. Unabhängig vom astronomischen Amplitudengang wird die globale Strahlungsamplitude innerhalb der Atmosphäre zusätzlich von meteorologischen Erscheinungen - Wolkenbildern - gedämpft. 

  • Typische Exponenten
    Typischer Vertreter für diesen Zyklus sind das Wüstenklima und Hochtäler.  Diese ungeschützten vegetationsarmen Landmassen reagieren extrem präzise auf die Sonnenstrahlung des Tages und die darauffolgende Auskühlung gegen den klaren Nachthimmel.

Die Behausung als primäres Rückzugselement übernimmt hier also nicht nur die Wärmefunktion. Es kommt allabendlich im Menschen zum grossen Kerzenlöschen. Damit löscht sich auch das ganze Bewusstsein für etliche Stunden während der Mensch, eingewickelt in Decken, unbesorgt in den folgenden Tag hinüber gleitet.

Tag-Nacht

b)

Wetterperiode

Die tägliche Sonneneinstrahlung initiiert schliesslich ein Wechselspiel von Wärmeflüssen kreuz und quer über Landschaften, Eismeere, Ozeane, Kontinente bis weit hinauf in die höheren Luftschichten unserer Atmosphäre. 

Die wetterbedingten Temperaturschwankungen basieren auf grossräumigen Verschiebungen von warmen und kalten Luftmassen sowie Veränderungen ihres Aggregatzustandes. Diese weiträumigen Speicherströme führen schliesslich zu regelmässigen und unregelmässigen Wetterbildern. Diese regionalen Wärmebilder der erdnahen Atmosphäre bestimmen unseren Alltag in teils steter, aber auch ungestümer Weise.

Offensichtlichste Akteure dieses Schauspiels sind Wärmeströme, Wärmepotentiale sowie die Wärmespeicher. Unter Wetterphänomenen verstehen sich meist mehrtägige bis wochenlange Erscheinungen. Die menschliche Wahrnehmung wird an verlängerten Zeithorizonten leicht gebrochen. Die zeitlichen Abschätzungen und Vorhersagen sind so unsicher wie das Wettergeschehen selbst.

  • Wärmeträger
    Die Erde ist durchzogen von ausgedehnten "kompakten" Speichermassen:

    • Ozeane
    • Landmassen
    • Eismeere
    • Luftmassen



    Zwischen diesen Wärmespeichern unterschiedlichen Potentials spielen lokale und globale Wärmeflüsse:

    • Luftströmungen
    • Meeresströmungen



    Neben diesen "trockenen Wärmeflüssen" spielen noch weitere teils komplexe klimatische Phänomene ihr meteorologisches Unwesen:

    • Enthalpieänderungen
    • Kondensation
    • Verdunstung
    • etc.



    All diese typischen und atypischen meteorologischen Erscheinungen führen schliesslich zur lokal wahrgenommenen Witterung, einer Abfolge von Wettererscheinungen, die sowohl in ihrer zeitlichen Erscheinung wie auch in ihrer zeitlichen Ausdehnung nicht immer sehr prägnant und verlässlich sind.... also zeitlich gesehen ein eher unzuverlässiges Phänomen darstellen. 

  • Zeitperiode

    Die Witterung unterliegt keiner eindeutigen astronomischen "Ursache" und ist deshalb zeitlich gesehen keine streng periodische Erscheinung. Die Periode beträgt Tage bis Wochen.

  •  Amplitude

    Die Amplitude ist stark abhängig von topologischen Gegebenheiten:

    • Meereshöhe
    • Windexposition
    • Küstennähe
    • Seenähe
    • etc.

  • Typische Exponenten

    Typische Exponenten für Wetterdominantes Klima sind ungeschützte Küstenregionen sowie Gebirgsregionen.

Der Mensch muss sich solchen Wetterperioden stellen, sie sind eine Herausforderung an seine Weitsichtigkeit, seine Geduld. Seine Behausung bietet ihm hier ein strategisches Rückzugselement, wo er geschützt innehalten und bessere Verhältnisse abwarten kann.

c)

Saison

Schliesslich gelangen wir zu den alles überspannenden saisonalen Schwankungen - den Jahreszeiten - wo die existentielle Bedeutung unserer vier Wände erst so richtig zur Geltung kommt. 

Die Menschheit kennt sie, die vier Jahreszeiten, - respektive die zwei Jahreszeiten: Regen- und Trockenzeit in der Äquatorregion. Diese jährliche Temperaturschwankung ist wiederum von strengem zyklischen Charakter. Sie unterliegt wie der Tageszyklus den Gesetzen der Himmelsmechanik. Verlässlich künden sich die strengen Jahreszeiten an. Die Vorboten gebieten zur Vorsorge. Dann kommen sie die mächtigen Kälte- und Hitzewellen, die den Menschen stets von neuem zu überfordern verstehen und ihn in den Rückzug zwingen. Hier hilft nur noch das Feuer, - synthetische Wärmebrücken, welche die Behausung und deren Bewohner über Wochen und Monate in eine künstliche Wärmewelten zaubern.

  • Wärmeträger

    Der eigentliche Motor dieses Wärmezyklus ist die saisonale Fluktuation der Sonnenstrahlungsintensität.

  • Himmelsmechanik

    Die astronomische Ursache dieser Komponente ist die alljährliche Drehung der Erde um die Sonne und die dadurch verursachte saisonale Schwankung der Sonnenstrahlung.

  • Zeitperiode

    Die Periode beträgt rund 365 Tage.

  •  Amplitude

    Die Strahlungsamplitude wird durch die atmosphärische Absorption gedämpft.

  • Typische Exponenten

    Typische saisonale Klimabilder sehen wir im Kontinentalklima über weitflächigen Landmassen Osteuropas oder Nordamerikas oder auch in hohen Gebirgslagen der Alpen.

    4 Jahreszeiten:

    • Frühling
    • Sommer
    • Herbst
    • Winter

    2 Jahreszeiten:

    • Regenzeit
    • Trockenzeit
    • Regenzeit
    • Trockenzeit

     

Diese weiten Zeiträume entschwinden eigentlich unserem direkten zeitlichen Vorstellungsvermögen, nichtsdestoweniger sind sie zutiefst eingeprägt in unserem Bewusstsein über die prägnanten Bilder der saisonalen Vegetationsbilder und deren typisch vorherrschenden Wettererscheinungen.

Jahreszyklus

Jahreszeiten