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Baustruktur

Im folgenden interessiert also jene Substanz der Baustruktur, welche unser Wohnklima wärmetechnisch prägt. Die wesentlichsten Elemente sind die Aussenfassaden und das Dach. Diese geschlossene Umhüllung ist für unser Wohnklima die entscheidendste Struktur. Dann sind da aber auch noch die Böden und Decken und nicht zuletzt die vielen Zwischenwände.

Im traditionellen Hausbau hatten all diese Strukturen wohl eher integralen Charakter. Das heisst, sie treten meist als ein Konglomerat von Funktionalitäten auf: Statik, Form und Wärmefunktion sind oft vereint in der gleichen Substanz. Der Wärmecharakter einer solchen Struktur ist also implizit mit den andern Hauptaufgaben verknüpft

Es ist dabei nicht immer einfach wärme-spezifische Funktionalität aus einem geschichtlich verwachsenen Baukörper heraus zu lesen.

  • Steckt überhaupt ein wärmetechnisches Konzept hinter der Fassade ?

  • Ist die baustatische Struktur ans Klima angepasst?

  • Gibt es nachvollziehbare Korrelationen zwischen kulturgeschichtlich gewachsenen Baustilen und dem lokalen Klima ?

  • Mit welchen klimatechnisch relevanten Materialressourcen hat sich die traditionelle Architektur überhaupt versorgen können ?

  • Haben frühere Baumeister schon vor Erfindung der Rechenmaschine verstanden, Temperaturen und Wärmeströme zeitlich und örtlich sinnvoll und effizient abzuschätzen ?

Um Antworten zu finden, schaut man etwas zurück in die Zeit der traditionellen Hausbauten, - deren Mauern, Wände und Dächer den Menschen über Jahrhunderte zu schützen wussten. Je nach geographischem Lokalität finden sich standort-typische Konstruktionsarten und Erscheinungsformen. Stellt sich schliesslich die Frage, wie streng die Architekturformen schliesslich an die lokalen klimatischen Gegebenheiten gebunden sind.

Indem wir die klassischen strukturellen Wärme-Funktionen genauer unter die Lupe nehmen, versuchen wir in kommenden Kapiteln zu verstehen, wie es der Architektur gelungen ist, den Menschen von klimatischen Naturgewalten effizient zu distanzieren.

Das moderne wärmetechnische Wohnklima soll dann vieelleicht in später folgenden Kapiteln auf ein paar nüchterne grosszügige Standardmodelle reduziert werden können. 

Der Begriff "Struktur"

Ist im folgenden von Wärmestrukturen die Rede, so ist es vielleicht hilfreich den Begriff "Struktur" in seiner Bedeutung etwas tiefer zu verstehen. Eine Wärmestruktur ist eben nicht nur die Addition der Wärmefunktionen sondern vor allem deren zeitliches Zusammenspiel sowie die Abstimmung ihrer Grössenordnungen.

Unter Struktur (von lat.: structura = ordentliche Zusammenfügung, Bau, Zusammenhang; bzw. lat.: struere = schichten, zusammenfügen) versteht man das Muster von Systemelementen und ihrer Wirk-Beziehungen (Relationen) untereinander, also die Art und Weise, wie die Elemente eines Systems aufeinander bezogen sind (durch Beziehungen „verbunden“ sind), so dass ein System bzw. Organismus funktioniert (entsteht und sich erhält).